Lieblingsstücke

An dieser Stelle erzählen Mitglieder des Förderkreises, Mitarbeiter*innen oder interessierte Besucher*innen des Museums von ihren ganz persönlichen Lieblingsstücken und besonderen Momenten. Vielleicht teilen auch Sie mit uns Ihren ganz persönlichen Eindruck auf Augen und Ohren, denn der Zauber der Märchen wirkt auf jeden von uns anders!
 

Märchenspardose

 
Während meines Praktikums 2021 beim Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseum habe ich viele verschiedene und interessante Sammlungsgegenstände von Büchern bis hin zu Zinnfiguren in den Händen gehabt. Jedoch ist mir ein Stück besonders aufgefallen und hat mich dazu noch zum Schmunzeln gebracht: Die kleine Holzspardose auf der jeweils ein Motiv von Aschenputtel und Rotkäppchen abgedruckt ist (Inventarnummer: M93/1959A).

Bis zu diesem Moment hatte ich völlig vergessen, dass meine Oma auch genau so eine Spardose zu Hause hat. Als ich die Spardose dann in der Hand hatte, ist mir wieder eingefallen, dass es für mich als Kind immer besonders spannend war, wenn ich diese Spardose am Weltspartag im Oktober aus dem Küchenschrank meiner Oma nehmen durfte. Ich habe die Holzspardose sonst immer aus der Ferne bestaunt, da ich die Bilder so schön fand. Zusammen mit meinem Opa habe ich dann die Spardose geschüttelt und geraten, wie viel Geld wohl zusammengekommen war. Das war natürlich etwas schwieriger bei der Holzspardose als bei Blechdosen, da diese viel stumpfer klimpert. Im Anschluss sind wir dann zusammen zur nächsten Sparkasse gefahren und haben die Spardose dort abgegeben.

Die Sparkassenmitarbeitenden mussten die Spardose dann immer mit ihrem Schlüssel aufmachen, da meine Oma den zu ihrer Dose gehörenden schon verloren hatte. Ich habe dann gespannt gewartet, wie viel Geld in dieser kleinen Dose zusammengekommen war. Denn wenn ich besser geschätzt hatte als mein Opa, durfte ich das Geld aus der Spardose für mich behalten, sonst kam es auf mein Sparbuch.

Lena Bleeke ist Masterstudentin der Europäische Ethnologie, kommt gebürtig aus Bad Oeynhausen und kennt das Museum daher schon aus ihrer Kindheit.




 

Die Spule von Rumpelstilzchen und andere Gegenstände aus Märchen

 
Als Erzieherin und Kita-Leiterin gehört das Erzählen von Märchen, das Vorlesen von Geschichten und Betrachten von Bilderbüchern mit den Kindern zu meiner täglichen Arbeit. Die Kinder lieben diese Vermittlung von Geschichten. Häufig möchten sie ihre Lieblingsgeschichte, ihr Lieblingsmärchen immer und immer wieder vorgetragen bekommen.

Vor einiger Zeit reiste ich mit den Kindergartenkindern von Bielefeld nach Bad Oeynhausen zum Märchenmuseum. Die Kinder waren fasziniert von den Räumlichkeiten und Ausstellungsstücken und natürlich auch von der Märchenstunde, die eine Erzählerin des Erzählkreises gestaltete.

Aber besonders faszinierte sie die gläserne Vitrine, in dem viele Gegenstände lagen, die in Märchen vorkommen. Wie z.B. die Spule von Rumpelstilzchen, die goldene Kugel vom Froschkönig…… Diese Vitrine, dieser gläserne Schaukasten ist auch mein Lieblingsstück, beinhaltet er doch all das, was unsere Märchen ausmachen. Betrachtet man die vielen Kleinigkeiten, werden viele Erinnerungen an die eigene kindliche mystische Phase wach. Außerdem kann man gleichzeitig sein eigenes Märchenwissen überprüfen, wie gut man sich im Märchenland auskennt.

Doch zurück zu den Kindern: die wollten auch so einen Märchen- Schaukasten in der Kita haben und gemeinsam machten wir uns ans Werk. Wir nahmen einen großen Holzkasten und füllten ihn mit wichtigen Details aus den Märchen. Die Kinder halfen emsig mit, diese zusammenzutragen und bald war unser eigener Märchen -Schaukasten mit allerlei Dingen gefüllt wie z.B. Lebkuchen ( Hänsel und Gretel), goldenes Lametta als vergoldetes Stroh (Rumpelstilzchen), Erbsen (Prinzessin auf der Erbse), Goldmünzen aus Schokolade ( Sterntaler), ein Töpfchen aus der Puppenecke gefüllt mit Hirse (Der süße Brei) usw.

Viele Wochen stand die nachgemachte Märchen-Vitrine des Märchenmuseums in unserer Kita und wurde zum Treffpunkt für Kinder und Eltern.

Dem Märchenmuseum sei Dank für diese wunderbare Idee und Vorlage.

Christina Langhorst: zertifizierte Geschichtenerzählerin und seit 2007 Mitglied im Erzählkreis.




 

Der Märchenerzählraum im Erdgeschoss

 
Die Erzählkunst dürfte eine der ersten Künste der Menschheit gewesen sein. Überall in der Welt wo sich Menschen trafen und treffen, wurden bzw. werden Geschichten und Märchen erzählt. Das Erzählen macht uns Menschen aus. Wo immer wir an wichtige Dinge rühren, wie Liebe, Tod, den eigenen Weg finden, versagt unsere Definition darüber, dennoch können wir darüber berichten, analog, symbolisch. Verpackt in der Sprache der Poesie, den Märchen, diese symbolischen Geschichten versuchen das Unsagbare sagbar zu machen. Und niemand wundert sich wenn Tiere oder Andersweltwesen sprechen oder erscheinen.

Für mich sind Märchen Wundergeschichten, sie erzählen von Entwicklung, Verwandlung und Erlösung des Menschen.

Seit 2006 kommt Stephan Hollmann regelmäßig zu den Treffen des Erzählkreises. Er ist heute nicht nur Erzähler am Märchenmuseum sondern längst auch Mitglied in der Erzählergilde der Europäischen Märchengesellschaft..




 

Mein Lieblingsbuch „Norwegische Volksmärchen“

 
Als Bibliotheksfachkraft des Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseums habe ich tagtäglich viele verschiedene Bücher in der Hand, und nicht wenige dieser Bücher sind zu meinen Lieblingsstücken geworden. Ein besonderes Büchlein ist aber mein absoluter Favorit: Norwegische Volksmärchen der Reihe „Konegens Kinderbücher“ Nr. 41, verlegt bei Carl Konegen in Wien, Erstveröffentlichung zwischen 1913 und 1919.

Dieses Büchlein enthält mein Lieblingsmärchen — „Der Wanderbursch und der Teufel“. Mein Vater hat mir dieses Märchen in meiner Kinderzeit oft erzählt und ich habe, als ich 1993 im Märchenmuseum anfing zu arbeiten, sofort danach gesucht. Als ich dann vier Jahre später das Büchlein als Neuzugang auf den Schreibtisch bekam, war ich froh, dass mein Lieblingsmärchen nun auch in unserer umfangreichen Bibliothek ein Zuhause gefunden hatte.

Es handelt von einem Wanderburschen, dem auf seinem Weg der Teufel begegnet. Der Wanderer reagiert clever; er überlistet den Teufel, indem er ihn bei seiner Prahlsucht packt und ihn, in eine ausweglose Lage gebracht, auf hinterlistige Art loszuwerden vermag. Dem Teufel geht es zwar auf derbe Weise an den Kragen, dennoch ist es ein humorvolles Märchen, das zeigt, mit einem kühlen Kopf lässt sich sogar der Teufel besiegen.

Die Erzählung eines — von einem einzelnen jungen Helden — überlisteten Teufels ist ein beliebtes Motiv einiger Märchen, die in Sammelbänden unter dem Titel „Soldatenmärchen bis zum Ende des 2. Weltkriegs" veröffentlicht wurden, in einem Abschnitt des vergangen Jahrhunderts also, in dem Heldentum ein angestrebtes Ideal war. Somit ist dies kleine Büchlein Norwegischer Volksmärchen ein Stück Zeitgeschichte.

Sylvia Stepanek betreut seit 1993 die Museumsbibliothek. Keiner kennt sich hier so gut aus wie sie, denn jedes Buch ist durch ihre Hand gegangen. Besonders liebt sie das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens..




 

Zauberwelt für Leseratten

 
Das Lieblingsstück von Tabea Wernecke: Die Bibliothek das erste Mal zu betreten, war wie nach Hogwarts zu kommen. Ich habe mich direkt in eine andere Welt versetzt gefühlt. Erst fühlt sich alles ein wenig verschlafen und verwunschen an, doch bereits mit dem ersten Buch, das man in Händen hält, erwacht alles buchstäblich aus seinem Dornröschenschlaf. Für mich als Literaturwissenschaftlerin sind dort wirklich schöne Schätze zu finden, aber hier kann jeder etwas entdecken, das ihm Freude bereitet (und meine gar nicht so heimliche Liebe bleiben ungewöhnlich bebilderte Ausgaben für Kinder).
Mein Lieblingsstück? Die gesamte Bibliothek!

Tabea Wernecke studiert Germanistik und hat das Märchenmuseum vor vielen Jahren bei einem eigenen Kindergeburtstag kennengelernt.




 

Der Mann, der eigentlich seine Bibliothek ordnen wollte …

 
Das Lieblingsstück von Katharina Birjukow: Ich war auf dem Weg in die Museumsbibliothek. Ich wusste noch nicht was mich dort erwartet, ich war zum ersten Mal auf dem Weg dorthin… Die recht schmale Holztreppe knarrte unter meinen Füßen, das Dach kam durch die Schräge immer näher, ich guckte mich ganz vorsichtig um, ich wollte mir nicht den Kopf stoßen, und dann sah ich es, und ich konnte mich nicht beherrschen, ich habe laut losgelacht!

Da hängt ein Bild an der Wand, ein, auf den ersten Blick eher unscheinbares, eher graues Bild. Es zeigt einen Mann, der eigentlich seine Bibliothek ordnen wollte
.
Also das Bild heißt so. Zeigen tut es einen Raum voller Bücher. Die Bücher sind überall: auf der Ottomane, auf dem Boden, ein Teil sogar noch in den Regalen, aber die meisten sind im Raum verteilt. Die liegen aufgeschlagen schräg und quer und übereinander und auf dem einzigen freien Fleckchen im Raum sitzt der Mann. Er hat ein Buch in der Hand und ist so tief in die Lektüre versunken, dass er die Welt um sich herum vergessen hat.

Ich behaupte, die Aufräumaktion ist total nach hinten losgegangen! Ich kann es deswegen mit so viel Sicherheit behaupten, weil ich selbst bereits so oft in dieser Situation gesteckt habe.

Und deswegen habe ich spontan lachen müssen, als ich das Bild zum ersten Mal sah. Und deswegen lächle ich jedes Mal, wenn ich auf dem Weg in die Bibliothek daran vorbei gehe. Und deswegen ist das Bild eins meiner Lieblingsstücke im Märchenmuseum.

Katharina Birjukow ist seit Februar 2019 Mitglied im Erzählkreis am Märchenmuseum und taucht zurzeit in die wunderbare Märchenwelt hinein. Das Märchenmuseum mit seiner Bibliothek ist der idealer Ort dafür.



 

Die Märchenuhr

 
Das Lieblingsstück von Dr. Hanna Dose: 2006 rief mich eine Dame aus München an und erzählte mir, in den 1970er Jahren hätte ein Ehepaar aus Bad Oeynhausen, dessen Namen ihr entfallen wäre, ihr privates Spielzeugmuseum besucht und erklärt, wenn sie ihr Museum einmal auflösen würde, wäre die Schneewittchen-Uhr etwas für das Märchenmuseum in Bad Oeynhausen.

Nun wäre sie alt, das zusammen mit ihrem Mann aufgebaute Spielzeugmuseum sei längst aufgelöst, die Uhr aber hätte sie noch und würde sie nun gerne dem Märchenmuseum schenken. Ich habe mit Freuden zugesagt und sehe die Uhr dank dieser Vorgeschichte und Großzügigkeit der Schenkgeberin als eins meiner ausgesprochenen Lieblingsstücke an.

Die Uhr zeigt Schneewittchen und die sieben Zwerge im Wald. Die Uhr ist ein Unikat unbestimmter Herkunft und Datierung. Das Sammlerehepaar hat sie selber im Kunsthandel erworben. In einen Holzkasten aus den 1930er Jahren (?) sind 7 Uhrwerke eingebaut, die unterschiedliche Figuren bewegen: die fünf arbeitenden Zwerge beim Holzhacken und am Amboss für die Glockenschläge zur viertel-, halben- und vollen Stunde, eine Hexe am rechten Holzstapel, einen hoppelnden Hasen vorne im Bild und das Schneewittchen links hinter dem Haus immer zur vollen Stunde. Zwei Zwerge sitzen – auf dem Foto unsichtbar – auf dem Uhrpendel, das hinter dem Amboss hin und her schwingt. Das Zifferblatt stammt von einer Wiener Uhr um 1880. Inv.-Nr.: M 2006/446.

Dr. Hanna Dose leitet seit 1993 die Städtischen Museen Bad Oeynhausen und damit auch die Geschicke des Deutschen Märchen- und Wesersagenmuseums. Es gehört zu ihren schönsten Stunden, wenn sie mit den Sammlungsbeständen arbeiten kann. Mit vielen Objekten verbindet sie wunderbare Erinnerungen an den Kontakt mit deren Vorbesitzer/innen.



 

Das Stollwerk-Sammelalbum

 
Das Lieblingsstück von Hermann Haddenhorst: Die Kölner Schokoladenfabrik Gebr. Stollwerk AG legte seit Ende des 19. Jahrhunderts ihren Erzeugnissen Sammelbilder bei und gab Sammelalben heraus.

Die Stollwerk-Bilder, gestaltet von namhaften Künstlern, deckten ein breites Themenspektrum ab: von den Uniformen der Armee Friedrichs des Großen bis zu den „Märchen aus aller Welt“.

In der Sammlung des Märchen- und Wesersagenmuseums Bad Oeynhausen befindet sich ein Stollwerck-Märchen-Album aus dem Jahre 1906. Es ist eine Schatztruhe, die zauberhafte Märchengraphikenminiature enthält – gerade 110 Jahre alt geworden – und nicht zuletzt deshalb „Mein Lieblingsstück“.

Hermann Haddenhorst ist Förderkreismitglied der ersten Stunde, war viele Jahre dessen Vorsitzender und ist seit 2015 Ehrenmitglied des Förderkreises. Er interessiert sich für Kunst aus unterschiedlichen Epochen und stellt einmal im Jahr zusammen mit der Bibliotheksbetreuerin Sylvia Stepanek besondere Bücher aus der Bibliothek vor.



 

East o ́ the Sun & West o ́ the Moon

 
Das Lieblingsstück von Ute Wernecke: Eigentlich suchte ich nach etwas anderem in der Museumsbibliothek. Aber dann fiel mir dieser Titel ins Auge, East o ́ the Sun &West o ́ the Moon, weil er mich an etwas erinnerte.

Ich las das norwegische Märchen stehend vor dem Regal: Eine Roadstory, darin ein Mädchen, das den Spuren ihres verwunschenen Prinzen folgt bis zu einem geheimnisvollen Ort, um ihn zu erlösen.

Die Musik dazu stellte sich in meinem Kopf ganz von selbst ein. Wieder zu Hause war der erste Griff der in die Kiste mit lange nicht gespielten CDs. Gesucht, gefunden, eingelegt, aufgedreht: „Through the fire and rain, through the wilderness and pain ... I call your name“. Und so bekamen für mich das Märchen einen Soundtrack, der Prinz ein Gesicht und mein alter Lieblingssong eine Landschaft und eine Geschichte.

Ute Wernecke, Vorstandsmitglied des Förderkreises, wurde durch die Sammlung von 59 norwegischen Volksmärchen East o ́ the Sun & West o ́ the Moon an die gleichnamige CD der norwegischen Popgruppe A-Ha erinnert – die tatsächlich nichts miteinander zu tun haben.